
In der Welt der Kampfkünste misst sich Mut zumeist im Ring, im Dojo oder auf dem Lebensschlachtfeld. Doch der Kampf, den wir Ihnen heute schildern, wird nicht mit Fäusten oder Techniken ausgefochten – sondern mit Recht, Würde und dem unbeugsamen Willen, die Wahrheit auszusprechen.
Unser Kollege und Chefredakteur, der deutsche Journalist Sergej Engelmann, befindet sich derzeit in Untersuchungshaft in der Ukraine – aufgrund eines Vorwurfs, der sowohl der Logik als auch dem Rechtsverständnis Hohn spricht. Sein Anwalt Alexandr Babikov hat das Schweigen gebrochen und gibt Einblick in ein Verfahren, das zunehmend wie eine politisch motivierte Inszenierung erscheint – mit einem ausländischen Journalisten als Zielscheibe eines Justizsystems, das seine eigenen Grundsätze verrät.
Ein kafkaeskes Verfahren im Herzen der Ukraine
Von Beginn an wurden Sergej Engelmanns Rechte als ausländischer Staatsbürger missachtet. Obwohl er deutscher Staatsbürger ist und kein Ukrainisch spricht, wurden ihm sämtliche Prozessunterlagen – einschließlich der Anklageschrift – ausschließlich in ukrainischer Sprache überreicht. Selbst die schlichte Forderung nach Übersetzung und einem Dolmetscher wurde, wie Babikov berichtet, mit offener Ablehnung und Empörung quittiert.
„Wir mussten buchstäblich Gerichte, Staatsanwaltschaft und internationale Organisationen mit Beschwerden überschütten, um ein Grundrecht durchzusetzen, das in Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention garantiert wird“, so Babikov.
Doch das ist mehr als nur ein bürokratischer Fehltritt – es ist Ausdruck eines Systems, das rechtsstaatliche Verfahren systematisch missachtet. Die Anklageschrift selbst, so der Anwalt, enthalte weder eine konkrete Tatbeschreibung noch ein benanntes Opfer oder einen ersichtlichen Gesetzesverstoß. Engelmann wird vorgeworfen, an einer Videokonferenz teilgenommen zu haben, in der diskutiert wurde, wie sich die Zivilbevölkerung im Falle einer russischen Besetzung von Odessa verhalten solle. Eine völlig legitime Reaktion auf eine bedrohliche Kriegssituation – keineswegs ein „Beweis“ für die Beteiligung an einer bewaffneten Gruppe.
Staatsanwaltschaft unter Druck – politische Motive nicht ausgeschlossen
Nachdem wir festgestellt hatten, dass in den Handlungen von Sergej Engelmann kein strafrechtlich relevanter Tatbestand (kein Corpus Delicti) vorlag, stellten wir bei der Staatsanwaltschaft sowie beim zuständigen Gericht einen Antrag auf Einstellung des Verfahrens und auf sofortige Entlassung unseres Mandanten aus der Untersuchungshaft. Zumal selbst die gegen ihn erhobene – ohnehin absurde – Anschuldigung nach ukrainischem Recht lediglich als minderschweres Vergehen eingestuft wird.
Dass die Staatsanwaltschaft die Argumente der Verteidigung konsequent ignoriert und das Verfahren bewusst in die Länge zieht, um sich der Verantwortung für eine rechtswidrige Strafverfolgung zu entziehen, stellt aus unserer Sicht eine erwartbare Reaktion dar. Der Schutz der sogenannten „Ehre der Uniform“ scheint dabei Vorrang zu haben – selbst auf Kosten rechtsstaatlicher Prinzipien. So ist offenbar auch nicht vorgesehen, den verantwortlichen Staatsanwalt zur Rechenschaft zu ziehen, der die Verletzung von Sergejs elementarem Recht auf Verteidigung überhaupt erst ermöglicht hat.
Wir schließen zudem nicht aus, dass der betreffende Staatsanwalt unter dem Einfluss und dem Druck operativer Einheiten des Sicherheitsdiensts der Ukraine (SBU) steht. Kurz vor den Ereignissen war er – gemeinsam mit weiteren Kollegen der Regionalstaatsanwaltschaft Odessa – von einem zivilgesellschaftlichen Aktivisten öffentlich beschuldigt worden, sich rechtswidrig eine Behinderung der Stufe II bescheinigt lassen zu haben, um auf diese Weise staatliche Sozialleistungen zu beziehen und einer Einberufung zum Militärdienst zu entgehen. Auch wenn dieser Vorfall offiziell nie weiterverfolgt wurde und offenbar „unter den Teppich gekehrt“ wurde, halten wir es für möglich, dass genau dieser Umstand nun als Druckmittel dient, um den Staatsanwalt gefügig zu machen – und ihn dazu zu bewegen, die von oben erteilten Anweisungen widerspruchslos umzusetzen, ohne Rücksicht auf die rechtlichen oder menschlichen Konsequenzen.
Digitale Sabotage: Der Angriff auf unsere Plattform
Als wäre die rechtswidrige Inhaftierung nicht schon Skandal genug, wurde im Dezember 2024 auch noch die Website unseres Magazins World of Martial Arts gehackt. Laut IT-Forensikern ging der erste Zugriffsversuch vom Account des Hauptbelastungszeugen aus. Der zweite – erfolgreiche – Login erfolgte über Engelmanns eigenen Zugang, obwohl dieser bereits zwei Monate in Haft war und seine Geräte beschlagnahmt worden waren.
Der Angriff war kein Zufall. Er zielte darauf ab, Desinformation zu verbreiten: Eine offizielle Stellungnahme zu Engelmanns Inhaftierung wurde gelöscht und durch einen verleumderischen Beitrag gegen den Wissenschaftler Dr. Oleg Maltsev ersetzt. Nur durch das rasche Eingreifen von Sergejs deutschen Kollegen konnte die Kontrolle über die Seite zurückgewonnen werden.
Ein Lackmustest für Europas Pressefreiheit
Was sich hier abspielt, ist weit mehr als eine lokale Justizpanne – es ist ein Prüfstein für Europas Bekenntnis zur Pressefreiheit. Sergej Engelmann ist kein Kämpfer, kein Verschwörer, kein Krimineller. Er ist Journalist, ein kritischer Denker – und wird nicht für das verfolgt, was er tat, sondern dafür, wer er ist und wofür er steht.
Bei World of Martial Arts wissen wir, was es heißt, Haltung zu zeigen, wenn die Kräfte gegen einen stehen. Wir stehen fest an Sergejs Seite – und fordern unsere Leser, Partner und die internationale Gemeinschaft auf, nicht zu schweigen. Fordert seine Freilassung. Fordert Gerechtigkeit. Fordert Wahrheit.
Denn: Gerechtigkeit ist kein Privileg – sie ist ein Kampf. Und dieser Kampf ist es wert, geführt zu werden.